Unwort „Frauenquote“, stattdessen ist eine vollständige Gleichberechtigung der Geschlechter im Alltags- und Berufsleben angebracht
Als brennender Feminist – schon als Kind habe ich durch ein modernes Umfeld gelernt, dass Geschlechterdiskriminierung eine Angelegenheit unserer Großeltern war – verurteile ich die „Frauenquote“. Ich schlage den Terminus sogar als Unwort des Jahres 2014 vor.
Wahre Emanzipation kann man nicht schlimmer attackieren als mit einer Frauenquote. Beinhaltet doch bereits der Begriff, dass ein bestimmtes Geschlechterverhältnis in irgendwelchen Berufszweigen oder Führungspositionen erzwungen werden soll. Wirklich strebsame Frauen jedoch verdienen Anerkennung für ihre Leistungen und Qualifikationen. Es wäre daher unangemessen und demütigend für sie, eine lukrative Position vorwiegend aus Gründen des Aufbaus einer vorgeschriebenen Geschlechterquote zu ergattern.
Ausdrücklich spreche ich mich hiermit für eine vollkommene Gleichbehandlung von Frau und Mann auf allen denkbaren Ebenen aus. Allerdings fordere ich konsequenterweise, dass Frauen selbstverständlich dieselbe Kompetenz, dieselbe Leidensbereitschaft und dieselbe Ausdauer wie ihre männlichen Kollegen aufbringen, wenn sie im Berufsleben gleiche Erfolgschancen wünschen.
Denn das scheinbare Problem, dass in manchen Berufsfeldern das Geschlechterverhältnis zu Ungunsten der Frauen nicht ausgewogen erscheint, wird aus meiner Sicht häufig fehlinterpretiert. „Mann lässt sie einfach nicht“, heißt es dann sehr schnell. In Wirklichkeit jedoch können viele Frauen die oben genannten Eigenschaften, die für einen seriösen Karriereweg nun einmal notwendig sind, schlichtweg nicht vorweisen, in manchen Fällen womöglich sogar aufgrund einer vorsätzlichen Bequemlichkeit.
Immer wieder wird zum Beispiel in den Naturwissenschaften über Fälle diskutiert, in denen weibliche Bewerber offenbar allein aufgrund ihres Geschlechts für eine Stelle ausgewählt wurden, ohne eine mit den männlichen Kollegen vollwertig vergleichbare Qualifikation zu besitzen. Für jeden fleißigen und engagierten Bewerber männlichen Geschlechts ist es daher ein Schlag ins Gesicht, als Begründung für seine Absage erfahren zu müssen, man habe aus „Gleichstellungsgründen“ eine Frau bevorzugt. Er kann dann nicht anders, als sich ungerecht behandelt, ja diskriminiert zu fühlen.
Die Bevorzugung des einen Geschlechts, aus welchen Gründen auch immer, bedeutet gleichzeitig stets eine Benachteiligung des anderen. Das Vorhandensein biologischer Geschlechtsmerkmale darf daher niemals über Karrieremöglichkeiten entscheiden.
Denn das widerspricht aus meiner Sicht jeder ernst gemeinten Emanzipationsbewegung, die auf echte Gleichberechtigung abzielt. Es ist doch längst nicht mehr zeitgemäß, eine Frauenquote bei der Vergabe von Stellen zu berücksichtigen; ein wirklich moderner Ansatz muss stattdessen dazu führen, alle Bewerber, egal ob homo- oder heterosexuell, transsexuell oder transgender, Jude, Christ oder Atheist, Mann oder Frau, ganz allein aufgrund ihrer inhaltlichen Eignung zu beurteilen. Die Behauptung seitens eher dubioser Emanzipationskämpferinnen, Frauen seien per se im allgemeinen Berufsleben, jedoch insbesondere auch in höheren Positionen, durch patriarchalische Bestrebungen männlicher Kollegen benachteiligt, wage ich aufgrund meiner bisherigen Lebenserfahrung zu bezweifeln, sogar zu bestreiten.
In Zeiten, in denen eine Frau Bundeskanzler sein kann, stehen der Frauenwelt längst alle Chancen offen. Mehr als das ist aus meiner Sicht nicht produktiv, denn sonst fragt man sich irgendwann zurecht: Wenn durch eine Frauenquote der vorsätzlichen Benachteiligung weiblicher Bewerber vorgebeugt werden soll, welche Quote schützt dann die Vielfalt männlicher Randgruppen, die aufgrund ihrer ethnischen Herkunft oder sexuellen Orientierung häufig wesentlich stärker von Diskriminierung bedroht sind als jede Frau, die keiner speziellen Minderheit angehört?