Cancel Culture as a threat to modern constitutional states – Cancel Culture als Bedrohung für den modernen Rechtsstaat
Cancel Culture is a modern phenomenon mainly coming from the United States and negatively influencing increasingly European countries, such as Germany. A main tool of cancel culture is for me the so called "Me-Too" movement, according to which an accusation against a person does not need a proven evidence any more and preferably immediately harms the accused person existentially.
A recent case is the medial debate about alleged domestic violence by singer Marilyn Manson, who was accused by actress Evan Rachel Wood of abuse of power and a multiple wise domestic violence. Wood was in a relationship with the singer until 2010. Her detailed public accusation is from 1 February 2021 and was published on her Instagram account. Accusations by other women followed, one of them being model Ashley Lindsay Morgan.
No proofs and no trials were presented, but Manson was already harmed still the same day of Wood's publication: His record company Loma Vista Recordings immediately announced to cancel all further cooperation with him. The next day, his artist agency CAA parted ways with Manson. He additionally will be retrospectively cut off from the already recorded episodes of "American Gods" and "Creepshow".
I do not know, whether Manson is innocent, but in just states the presumption of innocence applies until the conviction. Seemingly not any more valid in the US, a shame, a picture of a declining moral of a society, for which not even Donald Trump can be blamed any more.
That easy way of cancel culture unfortunately already a longer time ago invaded Germany. Even journalists disregard all common methods of careful journalistic research. Recently for example a journalist named Laura Backes recognized already in the headline of her article in spiegel.de "Es ist: häusliche Gewalt (It is: domestic violence)".
https://www.spiegel.de/kultur/musik/missbrauchsvorwuerfe-gegen-marilyn-manson-es-ist-haeusliche-gewalt-a-5e8b59d9-2a71-4cd8-9e78-e36721c52fad
And her article ends with "And the solidarity, which Evan Rachel Wood ... and others experience in the public, shows that it is worth taking this step". Normally the German journal "Der Spiegel" is famous for its investigative journalism. This article is a bad example for it.

Deutsche Version
Cancel Culture ist ein modernes Phänomen, das aus den USA kommend zunehmend auch fortschrittliche europäische Länder wie Deutschland infiltriert. Ein wichtiges Instrument der Cancel Culture ist meiner Ansicht nach die sogenannte "Me-Too-" Bewegung, der zufolge die öffentliche Beschuldigung gegen eine Person keiner überprüften Belege mehr bedarf und der beschuldigten Person unverzüglich schwerste existenzielle Schädigungen bereitet.
Ein aktueller Fall ist die mediale Debatte um die vorgebliche häusliche Gewalt, die der Sänger Marilyn Manson mehrfach praktiziert haben soll. Er wurde durch die Schauspielerin Evan Rachel Wood öffentlich des Machtmißbrauchs in der Beziehung sowie schwerer und multipler häuslicher Gewalt bezichtigt. Wood, die mehrere Jahre mit Manson in einer Beziehung liiert war, tat der Öffentlichkeit ihre unbelegten Anschuldigungen am 1. Februar 2021 über ihren Instagram-Kanal kund. Weitere Frauen folgten ihrem Beispiel und äußerten ähnliche Vorwürfe, wie zum Beispiel das Model Ashley Lindsay Morgan.
Es wurden weder Beweise noch Gerichtsurteile präsentiert, jedoch stellten sich schwerwiegende berufliche und existenzielle Konsequenzen für Manson bereits am selben Tage ein: Die Plattenfirma Loma Vista Recordings kündigte sofort jede Zusammenarbeit mit dem Künstler auf. Am Folgetag trennte sich auch seine Künstleragentur CAA öffentlich von ihm. Zusätzlich soll er aus den bis dahin bereits aufgezeichneten Folgen von "American Gods" und "Creepshow" im Nachhinein herausgeschnitten werden.
Ich weiß nicht, ob Manson unschuldig ist, aber in modernen Rechtsstaaten gilt die Unschuldsvermutung so lange, bis ein Schuldspruch erfolgt ist. Und genau das scheint inzwischen in den USA keine Gültigkeit mehr zu haben, was eine Schande ist. Es entsteht so nämlich das Bild einer Gesellschaft mit zunehmend rückläufigen Moralvorstellungen, das man inzwischen auch beim besten Willen nicht mehr Donald Trump in die Schuhe schieben kann.
Der einfache Weg, unliebsame Menschen aus dem Wege zu räumen, den man eben neudeutsch als Cancel Culture bezeichnet, ist seit einiger Zeit leider auch in Deutschland angekommen. Selbst Journalisten können heutzutage unter Verzicht auf alle gängigen Methoden der guten journalistischen Praxis zuschlagen. Heute hat zum Beispiel eine Journalistin namens Laura Backes in Form eines dort als "Analyse" bezeichneten Artikels eine Cancel-Tirade gegen Marilyn Manson und eine Lobeshymne auf die "Mee-Too-" Bewegung auf spiegel.de veröffentlicht. Das Ergebnis ihrer investigativen Analyse nimmt sie gleich in der Überschrift des Beitrages vorweg: "Es ist: häusliche Gewalt".
https://www.spiegel.de/kultur/musik/missbrauchsvorwuerfe-gegen-marilyn-manson-es-ist-haeusliche-gewalt-a-5e8b59d9-2a71-4cd8-9e78-e36721c52fad
Ihr Artikel endet mit den Worten: "Und die Solidarität, die Evan Rachel Wood, Ashley Lindsay Morgan und die anderen in der Öffentlichkeit erfahren, zeigt, dass es sich lohnt, diesen Schritt zu gehen." Normalerweise ist der Spiegel bekannt für seinen investigativen Journalismus. Leider ist dieser Beitrag alles andere als ein gutes Beispiel hierfür.
Copyrights for both written article versions in English and German: Stefan F. Wirth, Berlin 4 February 2021